Gemeinsam gegen Alzheimer, Parkinson und Schlaganfall – Centrum für Schlaganfall- und Demenzforschung (CSD) eröffnet

Das in München neu eröffnete Centrum für Schlaganfall- und Demenzforschung (CSD) ist ein beispielhaftes Modell für die Zusammenarbeit unterschiedlicher  Forschungsorganisationen, mit dem Ziel, Ursachen und Risikofaktoren von neurodegenerativen und zerebrovaskulären Erkrankungen besser zu verstehen und neue Therapieansätze zu entwickeln. Organisatorisch teilen sich das für 57,5 Millionen Euro vom Freistaat Bayern errichtete Gebäude das Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD) am Klinikum der Universität München und das Deutsche Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) sowie der Lehrstuhl für Stoffwechselbiochemie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Forschern der LMU, der Technischen Universität München (TUM) und der Helmholtz-Gemeinschaft bieten sich nun auf dem Life-Science-Campus Großhadern/Martinsried beste Voraussetzungen, in München ein international anerkanntes Zentrum zur Erforschung und Behandlung von Erkrankungen wie Schlaganfall, Morbus Alzheimer und Parkinson zu schaffen.

Gerade weil die demographische Entwicklung bereits seit einiger Zeit darauf hinweist, dass die Patientenzahlen deutlich zunehmen werden – laut Hochrechnungen sind 1,5 Millionen Schlaganfälle in Europa im Jahr 2025 zu erwarten und weltweit rund 80 Million en Demenzkranke in 2050 – ist es wichtig, Kompetenz-Zentren zu etablieren, die sich mit diesen Krankheitsbildern und deren Ausprägungen beschäftigen. Neben den Geldern des Freistaats Bayern für den Bau des CSD trug auch die private Initiative des polnische n Geschäftsmannes und Philanthropen Zygmunt Solorz-Zak dazu bei, das neue Forschungszentrum zu gründen. Gefördert werden die Institutionen übergreifenden Arbeitsgruppen  zudem  durch  die Struktur der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, zu  denen das DZNE gehört. Am CSD arbeiten die `besten Köpfe` in Forschung und Klinik unter einem Dach zusammen.

Forschung verbessert die Patientenversorgung
Für Patienten wurde im CSD eine Ambulanz mit Tagesklinik eingerichtet. Dort ist neben einer umfassenden Diagnostik und Medizinischen Versorgung durch Ärzte und andere Spezialisten auch eindirekter Austausch mit klinischen Forschern möglich. Vielverspr echende Behandlungskonzepte können Betroffenen im Rahmen klinischer Studien frühzeitig zugänglich gemacht werden. Zugleich findet eine interdisziplinäre Versorgung auf Grundlage neuester Therapien statt. Neben der Vorsorge bietet die Ambulanz auch eine Nachsorge und langfristige medizinische Betreuung an. Ziel ist dabei neben der konsequenten Umsetzung  etablierter Therapien der Gewinn von Erkenntnissen über die Wirksamkeit von neuen Behandlungsmaßnahmen. Mit eingebunden werden dabei stets die in der Regelversorgung tätigen niedergelassenen Ärzte.

Münchner Unikliniken wichtige Partner im Forschungsverbund Sowohl für die Grundlagenforscher wie auch für die Kliniker ist die unmittelbare  Nähe  und  Zusammenarbeit  zwischen CSD und dem Klinikum der Universität München (LMU) sowie dem Klinikum rechts der Isar (TUM) ein enormer Vorteil. So können etwa Grundlagenforscher die am  Campus Großhadern angesiedelte Expertise der Nuklearmediziner und der Radiopharmakologen nutzen, um bei der Erforschung von Abläufen im Gehirn von Mäusen mittels  moderner Bildgebungsverfahren neurod egenerative Veränderungen zu beobachten und neue Therapieansätze zu testen. Dabei werden spezifische radioaktive Marker  verwendet, die an Zellstrukturen im Gehirn andocken und im Positronen-Emissions-Tomographen (PET) sichtbar gemacht werden können. Ein weiteres, konkretes Beispiel für  die gelungene Zusammenarbeit zwischen Forschern und Klinikern zeigt sich in der DIAN-Studie (Dominantly Inherited Alzheimer Network). Dabei handelt es sich um ein internationales, in den USA gegründetes Netzwerk, um die genetisch bedingten Formen der Alzheimer-Erkrankung besser zu erforschen. Der deutsche Beitrag wird vom DZNE  getragen, die Neurologische Klinik am  Campus Großhadern und die Nuklearmedizinische Klinik des Klinikums rechts der Isar sind dabei klinische Partner. Die vererbte, aber seltene Form der Alzheimer-Demenz (rund 1% aller Alzheimerfälle) ist eine relativ gut verstandene Variante mit einer bekannten genetischen Kausalität. Sie eignet  sich daher als Modell für die viel häufigere sporadische Alzheimer-Erkrankung.

Alzheimer-Therapieforschung im Aufwind
Die seit über 20 Jahren intensivierte Alzheimer-Forschung steht vor einem möglicherweise entscheidenden Meilenstein. „Erst vor wenigen Wochen wurden bei einem internationalen Kongress erste Ergebnisse einer Impfstudie vorgestellt, bei der Antikörper die giftigen Eiweißablagerungen, die ß-Amyloid-Plaques, im Gehirn binden und dafür sorgen, dass sie keinen Schaden mehr anrichten“, sagt Prof. Christian Haass, Standort-Sprecher des DZNE und Inhaber des LMU-Lehrstuhls für Stoffwechselbiochemie in München. Getestet wurde der Wirkstoff an 200 Patienten. Das Ergebnis gibt Anlass zur Hoffnung:  Die Gedächtnisleistung,  einer der  Parameter für eine erfolgreiche Behandlung, konnte über einen Zeitraum von einem Jahr stabilisiert werden. Das schädliche Eiweiß zerstörte demnach keine weiteren Nervenzellen im Gehirn. Dieser Antikö rper muss nun aber in weiteren klinischen Studien getestet werden. Parallel dazu gibt es erfolgversprechende Ansätze, Wirkstoffe gegen Enzyme zu entwickeln, die für die Produktion der giftigen Eiweiße mitverantwortlich sind. „Vermutlich“, so Prof. Martin Dichgans, Direktor des ISD, „wird es am sinnvollsten sein, Kombinationstherapien mit sich ergänzenden Ansatzpunkten zu entwickeln.“

Darüber hinaus gilt es weiterhin, die  Gefäß-Prävention zu stärken und die Frühdiagnostik zu verbessern.

Parkinson-Ursachenforschung
Auch die Erforschung der Parkinson-Syndrome, der zweitgrößten Gruppe neurodegenerativer Erkrankungen, profitiert stark von der engen Zusammenarbeit mit den klinischen Partnern. Die Parkinson-Syndrome führen zu einer fortschreitenden Einschränkung der Bewegungsfähigkeit bis hin zur Pflegebedürftigkeit. Am DZNE werden wichtige Beiträge zur Parkinson-Ursachenforschung erbracht. Das Zusammenwirken von Risikofaktoren in den Genen und in der Umwelt sowie die Eiweißstoffe, die solche Interaktionen vermitteln, stehen im Zentrum des Interesses. Weitere Forschungsschwerpunkte sind die Zellbiologie und Ultrastruktur von degen erierenden Nervenzellen, da anscheinend bei der Parkinson-Erkrankung die Schädigung der energiebildenden Organellen der Nervenzellen eine zentrale Rolle spielt. Auf der Basis dieser Erkenntnisse stellen die Wissenschaftler neue Zellkulturmodelle der Erkrankungen her. Damit entwickeln sie neue Therapieansätze, deren Nutzen dann bei Patienten erprobt werden kann. Ein erfolgreiches Beispiel ist eine klinische Studie, um das Fortschreiten des Parkinson Syndroms zu verlangsamen: Wissenschaftler am DZNE führen in enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Neurologie am Klinikum rechts der Isar der TUM und dem LMU -Klinikum Großhadern eine deutschlandweite Studie durch, mit dem Ziel, den Krankheitsverlauf zu bremsen. Gerade die enge Integration mit den klinischen Versorgungseinheiten erlaubt eine rasche und effiziente Umsetzung der grundlagenorientierten Forschung in die Praxis.

Schwerpunkte der Arbeit des DZNE am Standort München unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Christian Haass:
– Alzheimer Erkrankung (AD) mit einem speziellen Fokus auf der regulierten Intramembranproteolyse (RIP)
– Parkinson Erkrankung (PD)
– Frontotemporale Degeneration (FTD)
– Amyotrophe Laterale Sclerose (ALS)

Schwerpunkte der Arbeit des ISD unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Dichgans
– Schlaganfall und Demenz
– Tagklinik für Demenz- und Schlaganfall-Patienten
– Mechanismen von Gefäßerkrankungen und Demenz
– Differenzierte Diagnostik und multidisziplinäre Betreuung der Patienten
– Klinische Studien