Neurodermitis, Asthma, Heuschnupfen – in Bayern ist jedes vierte Kind körperlich chronisch krank. Knapp jedes zehnte Kind leidet an einer psychischen Erkrankung mit potentiell chronischem Verlauf. Das zeigt der neue Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit. Für die Studie hat die Krankenkasse Versichertendaten von mehr als 83.000 Kindern im Freistaat ausgewertet. Demnach sind 90 Prozent aller Jungen und Mädchen mindestens einmal im Jahr beim Arzt oder im Krankenhaus. Dabei zeigt sich auch: Bereits Schulkinder leiden unter krankhaftem Übergewicht und Rückenschmerzen. Für die Versorgung aller Minderjährigen in Bayern gibt die Kasse im Jahr mehr als 74 Millionen Euro aus.
Im Auftrag der DAK-Gesundheit hat die Universität Bielefeld die Gesundheits- und Versorgungssituation von Jungen und Mädchen in Bayern umfassend untersucht. Die repräsentative Studie mit Abrechnungsdaten aus dem Jahr 2016 liefert erstmals systematische Analysen zum Erkrankungsgeschehen bei Kindern. „Wir wollen die gesundheitliche Situation von Kindern besser verstehen und sie in den Vordergrund der politischen Diskussion rücken“, sagt Sophie Schwab, Leiterin der DAK-Landesvertretung Bayern.In Bayern ist jedes vierte Kind körperlich chronisch krank – Jungen etwas häufiger als Mädchen. Der Kinder- und Jugendreport wertet 14 verschiedene Erkrankungen aus, die potenziell einen chronischen Verlauf nehmen können. Am stärksten verbreitet sind Neurodermitis und Heuschnupfen gefolgt von Asthma und Entzündungen des Magen-Darm-Traktes. „Das sind Erkrankungen, die den Alltag für Kinder und Eltern erheblich beeinträchtigen können“, betont Sophie Schwab. Bei Asthma bronchiale führen verengte Bronchien zu rasselnder Atmung. Die Patienten leiden anfallsartig unter Husten und Luftnot. Asthma-Sprays gehören zur siebthäufigsten Arzneimittelgruppe bei Kindern.
Atemwegserkrankungen stehen insgesamt auf Platz 1 der wichtigsten Erkrankungsarten im Kindesalter. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) aller Jungen und Mädchen in Bayern leidet mindestens einmal pro Jahr unter einem grippalen Infekt oder einer akuten Bronchitis. In der Häufigkeit dahinter folgen Infektionskrankheiten, Augenerkrankungen, psychische Leiden und Hauterkrankungen. Muskel-Skelett-Probleme wie Rückenschmerzen oder Knieprobleme sind ebenfalls recht verbreitet. Fast jedes sechste Kind hat wenigstens einmal im Jahr eine entsprechende Diagnose. Ab dem zwölften Lebensjahr ist ein Viertel aller Jungen und Mädchen betroffen. „Das ist alarmierend“, betont Schwab, „denn frühe Muskel-Skelett-Probleme können im Erwachsenenalter schwere Rückenleiden nach sich ziehen.” Ein weiteres Leiden, das auch mit Bewegungsarmut zusammenhängt, ist krankhaftes Übergewicht. Über alle Altersgruppen hinweg sind 2,7 Prozent betroffen, im Alter von zehn bis 14 Jahren 3,8 Prozent. „In diesem Alter werden für verhaltensbezogene Krankheitsbilder die Weichen gestellt“, kommentiert Schwab die Ergebnisse.
Im bundesweiten Vergleich sind Kinder in Bayern gesünder als Gleichaltrige anderswo. Zwar dominieren dieselben Erkrankungen wie auf der Bundesebene, aber der Anteil der betroffenen Jungen und Mädchen ist vielfach geringer. So haben Kinder seltener Infektionen und Atemwegserkrankungen als im Bundesdurchschnitt (minus fünf Prozent). Auch Adipositas wurde in Bayern seltener dokumentiert (minus 17 Prozent). „Mit dem Kinder- und Jugendreport liegen belastbare Zahlen zur regionalen Häufigkeit bestimmter Erkrankungen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt vor“, erklärt Julian Witte von der Universität Bielefeld als Co-Autor der Studie. „Es ist die erste kontinuierliche und erkrankungsartenübergreifende Analyse von solchen regionalen Abrechnungsdaten einer gesetzlichen Krankenkasse.“
In Bayern lebt ein Drittel der DAK-versicherten Kinder in städtischen Gemeinden. Die Studie zeigt, dass sie anders krank sind als Gleichaltrige vom Land. Sie leiden öfter unter Zahnkaries, Viruserkrankungen und krankhaftem Übergewicht. Landkinder hingegen haben häufiger eine akute Bronchitis und Allergien. „Unser Report belegt, dass der Unterschied zwischen Stadt- und Landkindern in Sachen Gesundheit größer ist als gedacht“, betont Sophie Schwab. „Die Gründe für die beobachteten Zusammenhänge können an den unterschiedlichen Lebensgewohnheiten und Lebensbedingungen liegen.“
Auf Grundlage des Reports will die DAK-Gesundheit die bestehende Versorgung von Kindern und Jugendlichen weiter optimieren. Außerdem wird die Krankenkasse ihre Präventionsangebote an Kitas und Schulen intensivieren. So soll die Kampagne „fit4future“ mit der Cleven-Stiftung für mehr Bewegung, gesunde Ernährung und Stressbewältigung ausgeweitet werden. Das Programm läuft aktuell an 347 Grund- und Förderschulen in Bayern mit 70.000 Schülern und soll in diesem Jahr an weiterführenden Schulen und 2020 auch in Kitas starten.
Insgesamt zahlte die DAK-Gesundheit 2016 in Bayern 74,3 Millionen Euro für Kindergesundheit. Davon gingen fast zwei Drittel an Kliniken (32 Prozent) und niedergelassene Ärzte (31 Prozent). Arzneimittel machten knapp ein Viertel aller Kosten aus, Heil- und Hilfsmittel zusammen 15 Prozent. Je Kind entspricht dies durchschnittlichen Ausgaben von 939 Euro pro Jahr. Allerdings verteilten sich die Ausgaben sehr unterschiedlich: Die Hälfte der Gesamtausgaben entfiel auf lediglich drei Prozent aller Kinder und Jugendlichen.
Die DAK-Gesundheit ist eine der größten Krankenkassen Deutschlands. Für die Analyse wurden die Daten von 83.702 minderjährigen Versicherten der DAK-Gesundheit in Bayern durch die Universität Bielefeld ausgewertet.