Am Abend des 27. Januar 2020 kam Covid-19 in Deutschland und in der München Klinik Schwabing an. Mehrere Wochen wurden neun Patienten des sogenannten „Webasto-Clusters“ als bundesweit erste Covid-19-Patienten vom Team der Schwabinger Infektiologie um Chefarzt Prof. Clemens Wendtner versorgt. Die Patienten, die heute wegen größtenteils leichter Verläufe in häuslicher Isolation verbleiben würden, trugen durch ihren stationären Aufenthalt und klinische Folgeuntersuchungen zu wichtigen Erkenntnissen über die Auswirkungen des Virus bei.
Für Deutschland folgten bis heute vier Pandemie-Wellen – aktuell befindet sich Deutschland im nahtlosen Übergang in die fünfte Welle, von Delta zu Omikron. Konkret für die München Klinik, als zweitgrößter kommunaler Klinikverbund und bisweilen einer der größten Covid-Versorger in Deutschland, folgten auf neun Webasto-Patienten tausende schwerkranke Covid-19-Patienten mit oft wochen- bis monatelangen Krankheitsverläufen. Parallel wurden weiterhin Schlaganfälle, Herzinfarkte, Schwerverletzte und Tumorpatienten versorgt. Rund 570.000 PCR-Testungen für Mitarbeitende und Patienten wurden im hauseigenen Labor im Rahmen der Infektionsschutzmaßnahmen bis heute durchgeführt, davon allein rund 370.000 PCR-Testungen im Jahr 2021.
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Eine Bilanz nach zwei Jahren Covid-19 in der München Klinik:
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Rund 3.700 versorgte Covid-19-Patienten, davon rund 900 auf Intensivstationen
Insgesamt hat die München Klinik bis heute rund 3.700 Covid-19-Patienten versorgt, davon rund 900 Patienten auf Intensivstationen. Mit rund 1750 versorgten Patienten in 2020 und rund 1800 versorgten Patienten in 2021 waren es annähernd gleich viele Covid-19-Patienten im ersten und zweiten Pandemiejahr. Davon wurden die meisten, nämlich 1.500 Patienten, am Standort Schwabing versorgt. In Harlaching waren es rund 850 Patienten, in Bogenhausen rund 700 Patienten und in Neuperlach rund 500 Patienten.
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Covid-19-Patienten in 2021 häufiger und länger auf Intensivstationen
Die Krankheitsverläufe der in 2021 in der München Klinik vorwiegend mit der Delta-Virusvariante hospitalisierten Patienten waren im Vergleich zu den Covid-Patienten in 2020 häufiger sehr schwer. Denn bei ähnlich großer Gesamtpatientenzahl in 2020 und 2021 liegt der Anteil der intensivpflichtigen Patienten im Jahr 2021 mit rund 500 versorgten Covid-Intensivpatienten deutlich höher als in 2020 mit rund 400 Intensivpatienten. Auch die Verweildauer auf den Intensivstationen hat sich in 2021 verlängert – im Schnitt lag ein Intensivpatient 14,8 Tage auf der Intensivstation, in 2020 war der Durchschnitt noch 12,6 Tage. Im Vergleich dazu liegen Non-Covid-Intensivpatienten mit anderen Krankheitsbildern im Schnitt 4 Tage auf der Intensivstation.
Schwerkranke Covid-Intensivpatienten müssen länger beatmet werden
Die Schwere der Delta-Verläufe zeigt sich auch an längeren Beatmungszeiten: Im Jahr 2021 wurde ein Covid-Intensivpatient im Schnitt 380 Stunden in der München Klinik beatmet, in 2020 waren es 314 Stunden. Insgesamt kamen in der München Klinik seit Pandemiebeginn knapp 178.000 Beatmungsstunden für Covid-19-Intensivpatienten zusammen. Der Großteil entfällt mit rund 108.000 Beatmungsstunden auf das Jahr 2021, in dem mehr Covid-Patienten auf Intensivstationen versorgt wurden. Wenn medizinisch möglich kommen auf den Intensivstationen auch nicht-invasive Beatmungsmethoden wie „High flow“ (hochdosierter Sauerstoff) zum Einsatz. In der ersten Welle konnten Erfolge der nicht-invasiven Beatmung bei der damals noch unbekannten Covid-19-Erkrankung beobachtet und diese fortan häufiger eingesetzt werden.
Rund 50 versorgte Covid-Intensivpatienten an der ECMO („künstliche Lunge“)
Seit der dritten Pandemiewelle kommt vermehrt die ECMO-Therapie (extrakorporale Membranoxygenierung, „künstliche Lunge“) zum Einsatz, die gerade jungen Intensivpatienten helfen kann. ECMO-Covid-Patienten sind oft in ihren 30ern oder 40ern. Diese Menschen konnten Lungenprobleme durch Covid zunächst lange kompensieren, oft kommen sie von zu Hause direkt auf die Intensivstation. Reicht eine künstliche Beatmung über ein Sauerstoffgerät nicht mehr aus, kommt die Herz-Lungen-Maschine als letztes Mittel zum Einsatz. Die Maschine übernimmt außerhalb des Körpers, was die gesunde Lunge sonst leistet, die Anreicherung des Blutes mit Sauerstoff und die Entfernung von Kohlendioxid. Bis heute wurden in der München Klinik rund 50 Covid-Intensivpatienten an der ECMO versorgt – oft über mehrere Wochen und Monate, einzelne Patienten wurden sogar über 100 Tage an der ECMO behandelt und haben überlebt.
Seit Mai 2021 hat die München Klinik auch ein mobiles ECMO-Team am Standort Harlaching. Bei einem mobilen Einsatz werden zwei erfahrene Intensivärzt*innen aus Harlaching per Rettungsfahrzeug oder Hubschrauber in Kliniken in München oder im Umland gebracht, um Covid-Patienten, die eine ECMO-Therapie benötigen, aber zu instabil für einen „normalen Patiententransport“ in ein Zentrum mit entsprechender Expertise sind, dennoch nach Harlaching an die ECMO verlegen zu können. Ein solcher mobiler ECMO-Einsatz dauert von der Alarmierung bis zur Rückkehr auf die Intensivstation der München Klinik Harlaching mit Patient zwischen 5 und 8 Stunden. Rund 20 Covid-Intensivpatienten konnten in 2021 auf diesem Wege nach Harlaching an die benötigte ECMO verlegt werden.
Wellen im Vergleich: Rund 1.400 Covid-19-Patienten allein in der zweiten Pandemiewelle
Die München Klinik hat in der ersten Welle (März 2020 – Juli 2020) rund 800 Covid-Patienten versorgt (davon rund 170 Intensivpatienten), in der zweiten Welle (September 2020 – Februar 2021) rund 1.400 Covid-Patienten (davon rund 340 Intensivpatienten), in der dritten Welle (März 2021 – Juli 2021) rund 500 Patienten (davon rund 160 Intensivpatienten) und in der vierten Welle (September 2021 – Januar 2022) rund 1.000 Covid-Patienten (davon rund 240 Intensivpatienten). In den Spitzen der Wellen wurden über 200 Covid-Patienten (erste Welle), über 140 Patienten (zweite Welle), über 80 Patienten (dritte Welle) und über 120 Patienten (vierte Welle) gleichzeitig in der München Klinik versorgt, davon jeweils etwa ein Drittel auf Intensivstationen.
Da die Covid-Tagesmeldungen die klinischen Patientenzahlen täglich zu einem bestimmten Zeitpunkt erfassen, werden die Patientenströme (Entlassungen/Verlegungen/verstorbene Patienten) darin nicht abgebildet. Tagesmeldungen sind Momentaufnahmen und zeigen nicht die Herausforderungen, die durch das täglich neue Planen und jonglieren mit knappen Ressourcen entstehen. Oft sind Covid-Intensivpatienten nach wochenlanger Behandlung zwar erstmals negativ getestet – und fallen damit aus der Statistik – verbleiben aber weiter in intensivmedizinischer Behandlung aufgrund der Covid-Erkrankung. Daher spiegeln viele Tagesmeldungen zwar die jeweils tagesaktuelle Belegung, aber nur im Ansatz die tatsächlichen Patientenzahlen und die damit verbundene Belastung des medizinischen Personals. Dagegen zeigt sich in den absoluten Patientenzahlen deutlicher der enorme Kraftakt, den das Personal der München Klinik und anderer Kliniken seit zwei Pandemiejahren leistet: In den beiden Corona-Wintern 2020 und 2021 hat die München Klinik beispielsweise zum Stichtag 1. Januar mit jeweils rund 200 versorgten Covid-Intensivpatienten annähernd gleich viele Intensivpatienten versorgt – in der vierten Welle 2021 sogar eine geringfügig höhere Anzahl als in der zweiten Welle 2020, und das bei Patient*innen, die durch die schweren Delta-Verläufe länger liegen und aufwändiger versorgt werden müssen.
Die meisten Patienten der München Klinik sind zwischen 45 und 64 Jahre alt
Sowohl in 2020 als auch in 2021 machte die größte Patientengruppe in der München Klinik die der 45 bis 64-Jährigen aus – obwohl gerade in 2020, als die Impfung noch nicht verfügbar war, auch sehr viele ältere Patienten über 70 Jahren klinisch versorgt wurden. In 2021 konnten 29 Prozent der versorgten Covid-Patienten der Altersgruppe 45-64 Jahre zugeordnet werden. Von den aktuell rund 50 covid-positiven Patienten in der München Klinik entsprechen rund 19 Prozent der Patienten dieser Altersgruppe, Anfang Januar waren es noch rund 40 Prozent. Ein Drittel der aktuell versorgten Covid-Patienten ist jünger als 45 Jahre. Das Durchschnittsalter der Covid-Patienten der München Klinik ist in den letzten Wochen ebenfalls gesunken von 68 Jahren Anfang Januar, auf heute im Schnitt 59 Jahre. Auf den Intensivstationen liegt das Durchschnittsalter aktuell bei 68 Jahren. Von den aktuell rund 20 versorgten Intensivpatienten sind 2 Patienten mit der Omikron-Variante infiziert. Insgesamt mussten mehr Männer als Frauen wegen Covid-19 stationär in der München Klinik versorgt werden, auch aktuell liegt der Männeranteil unter den versorgten Patienten mit 57 Prozent höher. Informationen zu den aktuellen Patientenzahlen veröffentlicht die München Klinik regelmäßig aktualisiert unter: https://www.muenchen-klinik.de/covid-19/intensivzahlen
Hohe Wirksamkeit der Covid-19-Schutzimpfung bestätigt sich auf Intensivstationen der München Klinik
Verbunden mit der Zulassung der Covid-19-Impfstoffe nach dem ersten Pandemiejahr war die Hoffnung nach einem wirksamen Schutz gegen schwere Krankheitsverläufe. Diese Hoffnung hat sich im zweiten Pandemiejahr bestätigt:
Die München Klinik konnte die hohe Schutzwirkung der zur Verfügung stehenden Impfstoffe im Laufe des Jahres 2021 klinisch beobachten. Denn obwohl das Infektionsgeschehen der vierten Welle in der München Klinik bereits im September insbesondere durch Reiserückkehrer an Fahrt aufnahm, mussten bis November 2021 nur sehr vereinzelt geimpfte Patienten intensivmedizinisch versorgt werden. Die hohe Schutzwirkung insbesondere für Menschen mit altersbedingtem Risikoprofil zeigte sich auch im weiteren Verlauf der vierten Welle: So musste exemplarisch Mitte Dezember keine einzige vollständig geimpfte Person über 50 Jahren intensivmedizinisch versorgt werden, während unter den ungeimpften Patienten auf den Intensivstationen der München Klinik die Hälfte im Alter unter 50 Jahren war.
Mit Blick auf eine prozentual steigende Anzahl von Impfdurchbrüchen, die mit einer steigenden Impfquote natürlicherweise einhergeht, wurde insbesondere angesichts der Omikron-Variante die hohe Relevanz der Booster-Impfung insbesondere für ältere und immunsupprimierte Menschen deutlich. Die verstärkte Booster-Kampagne zeigt sich heute auf den Intensivstationen der München Klinik: Von den aktuell rund 20 Covid-Patienten auf Intensiv- und Überwachungsstationen in der München Klinik ist nur eine einzige Person mit Booster-Impfung.
Über 600 Covid-Intensivpatienten nach wochenlangem Kampf lebend entlassen
Über 600 der rund 900 versorgten Intensivpatienten konnten nach teilweise wochen- und monatelangem Kampf mit dem Virus lebend entlassen werden. Rund ein Drittel der Intensivpatienten schaffte es nicht. Insgesamt sind in den zwei Pandemiejahren rund 500 Covid-Patienten in der München Klinik verstorben.
Stimmen zu zwei Jahren Covid-19 in Deutschland und in der München Klinik
Dr. Axel Fischer, Vorsitzender der Geschäftsführung der München Klinik: „3.700 behandelte Covid-Patient*innen, über 600 gerettete Intensivpatienten. Das sind hohe Zahlen die doch nur im Ansatz erahnen lassen, welcher personelle Einsatz dahintersteckt. Und welches Leid, wenn es ein junger Covid-Patient nach wochenlangem Kampf nicht schafft oder wenn eine Tumoroperation erneut verschoben werden muss, weil die Intensivkapazitäten bedingt durch die hohen Covid-Fallzahlen ausgeschöpft sind. Seit zwei Jahren versuchen unsere Teams allem gerecht zu werden, in einer Situation, die keine Gerechtigkeit kennt. Ich hoffe, dass wir diese Pandemie im neuen Jahr endlich hinter uns lassen können. Und dass die Politik daraus lernt und unser Gesundheitssystem neu aufstellt. Wenn es nach der Pandemie dabei bleibt, dass die Versorgung von Kindern, älteren Menschen oder Notfällen defizitär ist, müssen wir uns nicht wundern, wenn auch in der nächsten Pandemie die Versorgung von lukrativen Eingriffen länger aufrechterhalten bleibt als die für schwerkrankte Viruspatienten und dringende Eingriffe bei anderen Patientengruppen. Darüber hinaus wünsche ich mir auch wieder eine gesellschaftliche Solidarität wie in der ersten Welle – es gelingt uns nur gemeinsam die Probleme zu lösen. Das gilt übrigens auch für die dringend notwendige Reform des Gesundheitssystems zum Wohl der Patient*innen und nicht zuletzt auch der Pflege.“
Prof. Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie in der München Klinik Schwabing: „Vor einem Jahr kam der Impfstoff bei uns in der München Klinik an, nach Weihnachten habe ich einem infektiologischen Kollegen und Corona-Pionier die allererste interne Schutzimpfung verabreicht. Mit der Impfung verbunden war auf unseren Stationen eine doppelte Hoffnung – die Hoffnung auf langersehnten Schutz, und die Hoffnung auf ein langersehntes Ende. Stattdessen begehen wir nun den zweiten Jahrestag. Das liegt nicht an fehlendem Impfschutz, denn diese Hoffnung hat sich in zahlreichen Studien und auch in unseren Beobachtungen bestätigt. Es liegt an den fehlenden Impfungen, an der noch zu großen Impflücke, mit der die Delta-Welle Fahrt aufgenommen hat und die nun Treibstoff für die neue Omikron-Variante liefert. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir diese Impflücke schließen, die Pandemie hin zur Endemie hinter uns lassen, und im neuen Jahr vieles feiern, aber keinen dritten Corona-Jahrestag. Dazu braucht es jetzt nochmal die Solidarität aller. Impfen und die AHA-L Regeln bleiben auch im zweiten Corona-Jahr die wichtigsten Aspekte. Die endemische Phase wird erst kommen, wenn wir eine ausreichende Kontrolle des Infektionsgeschehens durch eine Impfung haben. Die Zeitspanne, wie lange wir uns zum Beispiel boostern müssen, hängt also letztlich von uns selbst ab. In einer endemischen Phase können dann auch die Zügel gelockert werden und eine Boosterung ist dann ggf. nur noch für Risikogruppen erforderlich. Auch eine Influenza-Schutzimpfung wird von der STIKO nur für bestimmte Risikogruppen, also z.B. Menschen ab dem 60. Lebensjahr, Schwangere ab dem 2. Trimenon, Immunsupprimierte, Mitarbeiter von Kliniken und Altenheimen etc., empfohlen – so könnte es perspektivisch auch bei Corona-Impfungen in der Zukunft laufen. Es kann hoffentlich gelingen, dass wir bereits im nächsten Winter keine so heftige Welle mehr erleben müssen und wir in ruhigeres, endemisches Fahrwasser steuern.“